Donaudelta-de

Gemeine Fichte                            

Die Gemeine Fichte (Picea abies), auch Rotfichte oder Rottanne genannt, ist eine Pflanzenart in der Gattung der Fichten (Picea). Sie ist in Europa heimisch und der einzige in Mitteleuropa natürlich vorkommende Vertreter der Gattung. Sie ist ein forstwirtschaftlich bedeutsamer Holzlieferant.

Die Gemeine Fichte kann bis 600 Jahre alt werden; die forstliche Umtriebszeit beträgt dagegen nur 80 bis 100 Jahre. 2008 wurde unter der Fichte Old Tjikko im Fulufjäll in der Provinz Dalarna in Schweden Wurzelholz gefunden, das auf ein Alter von 9.550 Jahre datiert wurde und genetisch identisch mit dem darüber wachsenden Baum ist. Die Gemeine Fichte ist ein aufrecht wachsender immergrüner Baum, der Wuchshöhen von bis zu etwa 40 Meter erreichen kann; unter besonderen Bedingungen wurden schon 50 bis maximal 62 Meter gemessen. Damit ist sie neben der Weißtanne (Abies alba) der größte in Europa heimische Baum. Die Gemeine Fichte kann Stammdurchmesser bis 1,5 Meter erreichen. Fichten bilden Senkerwurzeln aus. Auf vernäßten Standorten sterben diese jedoch ab und die verbleibenden Horizontalwurzeln bilden flache Tellerwurzeln, wodurch die Bäume stark windwurfgefährdet sind.

Die Krone der Gemeinen Fichte bildet sich um den gerade wachsenden Stamm kegelförmig aus. Die Zweige sind quirlig angeordnet. Während sie in der oberen Stammhälfte gewöhnlich aufrecht oder gerade ausgerichtet sind, hängen sie in der unteren Stammhälfte meist gebogen nach unten. Letzteres ist besonders gut bei älteren Bäumen zu beobachten. Bäume im Freistand behalten ihre grünen Zweige lange Zeit bis zum Boden und wachsen so als Mantelfichten.

Bei der Gemeinen Fichte haben sich auf Grund des großen Verbreitungsgebietes mit unterschiedlichen Standort- und Klimabedingungen sogenannte Ökotypen entwickelt, die sich in Bezug auf Verzweigung und auch Nadeln unterscheiden. Dabei unterscheidet sich die Kronenausformung insbesondere bei den zuerst angelegten Ästen, den Ästen 1. Ordnung sowie den davon abgehenden weiteren Verzweigungen, den Ästen 2. und höherer Ordnung. Bei den sogenannten Plattenfichten gehen die Äste 2. Ordnung horizontal ab. Bei den Kammfichten hängen die Äste 2. und höherer Ordnung dagegen durch. Bis in ein Alter von etwa 20 Jahren weist die Gemeine Fichte durchgängig eine plattenartige Verzweigung auf. Erst dann beginnt die Herausbildung dieser beiden Haupttypen der Kronenausformung. Die jeweilige Kronenausformung scheint vor allem von Belichtungsverhältnissen, Standortgüte und Wasserversorgung beeinflusst. Kammfichten finden sich vor allem auf gut versorgten Standorten, während Plattenfichten auf nährelementarmen Moorstandorten und extremen Höhenlagen dominieren. Plattenfichten können Streulicht und senkrecht einfallendes Licht besser nutzen und stehen deshalb vor allem im Unterstand sowie an Südhängen. Kammfichten, die schräg einfallendes Licht effektiver nutzen, finden sich eher auf Nordhängen sowie im borealen Nadelwald. Die Auflagefläche der Kammfichten ist gering, wovon sie in schneereichen Regionen profitieren. In stark windexponierten Lagen wie in Irland und Schottland findet man dagegen vor allem Plattenfichten, da ihre verkürzten Äste eine bessere Steifigkeit und ihre plattige Anordnung mehr Windschlüpfigkeit bietet. Die durchhängenden Äste der Kammfichte können in solchen Regionen dagegen leichter von starkem Wind abgerissen werden.

Der Stamm zeigt in tieferen Lagen eine rötlich-braun gefärbte, feinschuppige Rinde, wogegen in Gebirgslagen die rötliche Farbe eher Grautöne annimmt. Die auffällige Rindenfärbung ist offenbar für die botanisch irreführende Bezeichnung „Rottanne“ verantwortlich. Die graubraune Borke älterer Bäume ist ein gutes Unterscheidungsmerkmal zur hellgrauen Rinde der Weiß-Tanne. Fichtenborke blättert in unregelmäßigen Schuppen ab, der Stamm der Weiß-Tanne ist wesentlich glatter.

Die Nadeln stehen ausschließlich an Langtrieben. Sie sind stechend-spitz und im Querschnitt vierkantig, im Schatten etwas abgeflacht. Bei gesunden Bäumen werden die Nadeln 4 bis 7 Jahre alt, im Hochgebirge auch älter. Die Nadeln der gemeinen Fichte weisen meist eine Länge zwischen ein bis zwei Zentimetern und eine Breite von einem Millimeter auf. Bis auf eine schmale Naht an der Zweigunterseite verteilen sie sich rund um den Zweig. Sie sitzen an braunen Stielen. Beim Nadelabfall verbleibt der mit der Sprossachse verwachsene Blattgrund (Blattkissen) am Zweig. Die Zweige fühlen sich deshalb raspelig und rau an. Dieses ist auch ein Unterscheidungsmerkmal an älteren Zweigen gegenüber der Weiß-Tanne

Die gemeine Fichte entwickelt zwischen Mai und Juni, häufig nur im Abstand von drei bis vier Jahren, Blütenknospen und Blüten. In Gebirgslagen erreichen die Bäume gewöhnlich nur alle sieben Jahre die Blüte. Blüht die Fichte in kürzerem Abstand, so kann dies auf Nährstoffmangel, Wasserknappheit oder Kälteperioden hindeuten (sogenannte „Angstblüte“). Die schlanken, einhäusigen Knospen sind hellbraun gefärbt und kegelig geformt. Die einen Zentimeter großen männlichen Blüten stehen einzeln und werden bei älteren Bäumen an den Spitzen der Zweige des Vorjahres ausgebildet. Ihre Farbe geht allmählich von karminrot in gelb über. Die weiblichen Blüten stehen in Zapfen zusammen. Sie befinden sich bei jüngeren Bäumen dicht gedrängt in den oberen Astquirlen, bei älteren Exemplaren verteilen sie sich, kleinen roten, aufrechtstehenden Zapfen ähnelnd, über die gesamte Baumkrone. Die Einzelblüte besteht aus einem flachen Fruchtblatt und einem häutig bleibendem Tragblatt, der Deckschuppe. Das Fruchtblatt verholzt später zu einer festen Samenschuppe. Die Zapfen benötigen ein ganzes Jahr, um zur Samenreife zu gelangen. Die saftig rötlich-grünen Zäpfchen wandeln sich allmählich in die bekannten braunen, nach unten hängenden, trockenen und holzigen Zapfen. Diese weisen eine Länge von etwa 10 bis 15 Zentimeter und eine Breite von drei bis vier Zentimeter auf und werden nach der Reife bald als Ganzes abgeworfen. Die fettreichen Samen sind geflügelt. Bei den gemeinhin bekannten „Tannenzapfen“, die am Waldboden zu finden sind, handelt es sich um Fichtenzapfen, denn Tannen werfen ihre Zapfen nicht als Ganzes ab.

Die Heimat der Gemeinen Fichte erstreckt sich über fast ganz Europa mit Ausnahme der Britischen Inseln und der Iberischen Halbinsel bis weit in das kontinentale Asien. Sie kommt vor allem in Mittel-, Ost- und Nordeuropa vor. Sie ist von den Alpen bis auf den Balkan verbreitet, kommt in den Mittelgebirgen und den Karpaten vor, und weiter nach Norden und Osten in Polen, Russland und Skandinavien. Sie zieht feuchtes und kühles Klima vor, und ist daher in ihrem südlichen Bereich ihres Verbreitungsgebietes ein Gebirgsbaum. Ihre obere Höhengrenze liegt zwischen 950 Meter im Harz und 2200 Meter im Wallis.