Ringelnatter                               

Die Ringelnatter (Natrix natrix), früher auch als "Unke" bezeichnet, ist eine in mehreren Unterarten in großen Teilen Europas und Asiens sowie Nordafrikas beheimatete Schlange, die zur Familie der Nattern (Colubridae) gehört.

Die männliche Ringelnatter kann bis zu 120 Zentimeter lang werden, die weibliche bei einigen Unterarten wie der Barrenringelnatter (Natrix natrix helvetica) wohl bis zu zwei Meter. Außerdem sind die Weibchen dicker als die Männchen. Die weitaus meisten erwachsenen Tiere sind jedoch deutlich unter einem Meter lang.

Der Kopf der Tiere ist deutlich vom Körper abgesetzt, die Pupillen sind wie bei allen Nattern rund. Auf der Kopfoberseite befinden sich sehr große Schuppen. Die Oberlippe wird von sieben (selten sechs oder acht) Oberlippenschuppen (Supralabialia) gebildet, wobei die dritte und vierte den Unterrand des Auges bilden. Vor dem Auge befindet sich nur eine Schuppe (Praeoculare), dahinter meistens drei oder vier Hinteraugenschuppen (Postocularia). Die Nasenlöcher sind nicht nach oben gerichtet, sondern etwas zu den Seiten versetzt (vergleiche dagegen Würfelnatter).

Auffälligstes Erkennungsmerkmal sind die orangegelben, gelblichen oder manchmal auch weißen „Halbmondflecken“ auf beiden Seiten hinter dem Kopf, die nur bei der Unterart Natrix natrix astreptophora fehlen. Diese Flecken können in ein helles Nackenband übergehen. Nach hinten werden sie von sichelförmigen schwarzen Flecken begrenzt. Auch diese werden gelegentlich als „Halbmondflecken“ bezeichnet. Die Bauchseite ist weißgrau oder gelblich und mit einem schachbrettartigen Fleckenmuster versehen.

Die Grundfarbe der Tiere variiert von schiefergrau bis grün- oder olivbraun. Selten treten auch Schwärzlinge, also ganz oder teilweise schwarz gefärbte Tiere, auf (Melanismus). Auf ihrem Rücken und an den Seiten zeigt die Art dunkle, unregelmäßige Flecken. Einige Unterarten (etwa Natrix natrix persa) haben zwei helle Längsstreifen entlang des Rückens, andere (etwa die Barrenringelnatter) auffällig dunkle Querbarren an den Körperseiten.

Ringelnattern sind weitgehend tagaktiv und beginnen den Morgen mit einem ausgiebigen Sonnenbad. Sie leben vorzugsweise in der Nähe von Gewässern aller Art und können gut schwimmen und tauchen. Aber auch weitab von Gewässern findet man sie in feuchtem Gelände. Sie sind nicht so stark auf Wasser angewiesen wie etwa die Vipernatter (Natrix maura) oder die Würfelnatter (Natrix tessellata). Im Gebirge können sie bis in einer Höhe von 2300 Metern vorkommen.

Ringelnattern ernähren sich vorwiegend von Amphibien und Fischen, fressen dabei nur lebende Beute. Besonders in südlichen Verbreitungsgebieten jagen sie auch Eidechsen und Mäuse. Die Jungschlangen fressen Kaulquappen, Regenwürmer und kleine Fische. Sie erkennen ihre Beute ausschließlich an ihren Bewegungen. Ihre natürlichen Feinde sind Greifvögel, Igel, Katzen sowie der Mensch. Häufig werden sie auf warmen asphaltierten Straßen überfahren. Durch ständiges Züngeln ortet die Ringelnatter die Beute, um dann langsam immer näher heranzuschlängeln und schließlich blitzartig zuzustoßen. Größere Beutetiere werden umwickelt, um sie zusätzlich zu schwächen beziehungsweise zu strangulieren. Rührt sich das Beutetier nicht mehr, wird es bezüngelt und dann im Ganzen heruntergewürgt.

Ringelnattern sind sehr scheu. Werden sie gestört oder aufgeschreckt, reagieren sie je nach Situation verschieden. Dies kann vom Ignorieren bis zum scheinbaren Angriff reichen.

Wird eine Ringelnatter von einem Tier überrascht, so pflegt sie häufig einfach auf der Stelle zu verharren, sofern das fremde Tier sofort stehen bleibt und nichts tut. Nach einer Weile erkennt sie, dass sie sich in keiner akuten Gefahr befindet und wird daraufhin ihren Weg fortsetzen. Gerät ein Wanderer in diese Situation, so sollte er nicht bloß stehen bleiben, sondern auch ein oder zwei Schritte zurückgehen. Dadurch fühlt sich die Schlange nicht mehr verunsichert und zieht ihres Wegs.

Ringelnattern fliehen bei Bedrohung oder Störung zügig und geräuschlos ins Wasser oder in ein nahes Versteck. Dabei mag es sich um den Bau eines anderen Tiers, einen Raum zwischen Steinen oder Holz oder auch Büsche handeln. Wird die Schlange hingegen aufgeschreckt, so eilt sie unkontrolliert und mitunter sehr geräuschvoll in Richtung des ersten Fluchtwegs, den sie entdeckt; dabei hastet sie durchaus an anderen möglichen Verstecken vorbei.

Kann sie nicht schnell genug flüchten, etwa falls sie im Schlaf überrascht wurde, so geht die Ringelnatter in Angriffs-Stellung. Dabei wählt sie, je nach Lage der Bedrohung, entweder den „flachen“ oder den „Kobra-Angriff“.

Beim flachen Angriff befindet sich die Schlange in zusammengerollter Stellung und nimmt mit dem Vorderkörper eine S-förmige Haltung ein. Anschließend zischt sie warnend und stößt mit dem Kopf in Richtung des Angreifers, den sie jedoch in der Regel um einige Zentimeter verfehlt. Da das Maul dabei geschlossen bleibt, handelt es sich hierbei um eine reine Droh-Gebärde.

Mit dem Kobra-Angriff verteidigen sich Ringelnattern immer dann, wenn ihnen zwar Platz, jedoch kein Fluchtweg zur Verfügung steht. Sie stellen ihren Vorderkörper zu einem Drittel seiner Länge auf und zischen warnend. Der am Boden verbleibende Körperteil ringelt sich auf der Stelle, während die Schlange wie beim flachen Angriff mit geschlossenem Maul zustößt. Sowohl beim flachen als auch beim Kobra-Angriff kann es in seltenen Fällen auch zu einem Biss kommen, der allerdings harmlos ist.

Beim Totstell-Reflex (Akinese) dreht sich das Tier halb auf den Rücken und erschlafft. Dabei dreht es die Pupillen nach unten und lässt die Zunge heraushängen. Wird sie angefasst oder aufgehoben, entleert die Ringelnatter manchmal ihre Kloakendrüse, die eine übelriechende, gelblichweiße Flüssigkeit enthält.

Den Winter verbringen die Ringelnattern in einer Winterstarre in Komposthaufen, frostfreier Erde, Baumstubben oder Laubhaufen. Sie verlassen dieses Versteck im März bis April, abhängig von den Außentemperaturen. Ringelnattern werden 20 bis 25 Jahre alt.

Erwachsene Ringelnattern verpaaren sich nach der ersten Frühjahrshäutung im April und Mai. Dabei versammeln sie sich häufig in großen Paarungsgruppen von bis zu 60 Tieren, wobei immer mehr Männchen als Weibchen vorkommen. Eine Balz oder ein Vorspiel gibt es nicht. Kopulierende Pärchen bleiben längere Zeit verbunden, wobei die Hemipenes, die Kopulationsorgane des Männchens, in die Kloake des Weibchens verhakt sind. Bei Gefahr flieht das größere Weibchen und zieht das Männchen dabei hinter sich her.

Die Eiablage erfolgt im Juli bis August gern in durch Gärungsprozesse Hitze produzierene organische Ablagerungen (angesammeltes Flußtreibgut an Land, Kompost- oder Pferdemisthaufen). Die Gelege umfassen gewöhnlich 10 bis 40 Eier.

Eine Ringelnatter beißt Menschen nur in sehr seltenen Fällen. Nattern verfügen zwar über eine Giftdrüse, die bei Ringelnattern jedoch nur ein schwaches und für den Menschen ungefährliches Gift absondern kann. Das Gift der Ringelnatter befindet sich im Speichel des Tieres und vermag kleinere Beutetiere zu lähmen, wobei allerdings vermutet wird, dass es primär der Vorverdauung dient. Für den Menschen und dessen Haustiere wie Hunde und Katzen stellt die Ringelnatter keine Gefahr dar.